Fachwissen hydraulischer Abgleich

Der Auslegungsdifferenzdruck

Eine fachlich sinnvolle Auswahl des Auslegungsdifferenzdruckes ist von entscheidender Bedeutung für die Ermittlung praxisgerechter und aus regelungstechnischer Sicht optimaler Voreinstellwerte. Ich verzichte hier bewusst auf Kennlinien und versuche, das Thema anhand von Beispielen einfach aufzuzeigen.

Zunächst aber einmal die Frage: Warum einen Wert annehmen? Ganz einfach: Weil es auf Grund der vielen unbekannten Berechnungsparameter viel einfacher ist, die Heizungsanlage in einen definierten "Zustand" zu versetzten, der dann mit Hilfe der geeigneten Armaturen auch in jedem Lastfall eingehalten wird - mehr ist es nicht. 

Gebäude im Bestand
Damit die Beispiele auch praxisnahe Sanierungsfälle sind, wähle ich Gebäude verschiedener Altersklassen mit entsprechend unterschiedlichen Heizlasten, Heizkörpern und Massenströmen. Sehen Sie sich einfach die folgende Tabelle an:



Als Vorgabe habe ich je 2 Heizkörper pro Raum mit Ventilen Typ RA-N 15 gewählt (Leistung HK je ca. 50% der Heizlast im Raum). Jetzt haben Sie sofort ein Gefühl für die Druckverluste eines offenen Ventils (= min. erforderlicher Differenzdruck). Überrascht ? z.B "nur" 15,9 mbar für einen HK mit 1133 Watt und einen Fühler RAW - Auslegungsproportionalbereich 2K !
Deshalb die erste Vorgabe: Runter mit den Auslegungsdifferenzdrücken!  - warum unnötigerweise drosseln?

Schauen wir uns einmal die mit DanBasic (Beispielansicht) berechneten Voreinstellwerte an:



Das Ergebnis ist schon recht eindeutig (Beispiel Haus Bj. 1978 - 1994, HK Leistung 1133 W, Werte in ROT): Bei einem Auslegungsdifferenzsdruck von praxisgerechten 50 mbar beträgt der Voreinstellwert 5,0, optimiert auf 30 mbar 6,5, deutlich schlechter der Wert bei 100 mbar: 4,0. Warum schlechter ? Ganz einfach: Es wird unnötig gedrosselt, die sogenante "innere Ventilautorität" ist nicht mehr so gut, sprich die Regeleigenschaften des Systems verschlechtern sich.
 
Aber es wird noch spannender  ..... wie die nächste Grafik zeigt



Wird mit 1K geplant (Auslegungsproportionalbereich), ist das Ventil mit 30 mbar optimal ausgelegt = beste Regeleigenschaften (Ventilautorität) - natürlich immer mit einer Hocheffizienzpumpe und / oder einem Differenzdruckregler auf einem Sollwert von 50 - 100 mbar ausgelegt.

Niedrigenergiehaus
Aber wie sieht es bei den sanierten Gebäuden nach KfW Standard oder neuen Gebäuden aus? Sehen Sie selbst:


Da bleiben gerade einmal rund 11 mbar (oder weniger) übrig. Wenn dann noch "falsch" geplant wird mit, für dieses Gebäude, zu großen Ventilen, dann blieben gerade noch 2.2 mbar übrig!
 
Was sind die Folgen, welche Werte ergeben sich bei einem geeigneten Ventil nur durch die Änderung des Auslegungsdifferenzdrucks? Die letzte Tabelle zeigt dies deutlich:


Sie sehen, in welchem Bereich sich die Voreinstellwerte bewegen - zwischen 2,5 und 7 - je nach Vorgabe des Auslegungsdifferenzdrucks. Gerade bei kleinen Leistungen (denken Sie an zu sanierende Gebäude nach KFW Standard) sind unnötig große Auslegungsdifferenzdrücke sehr bedenklich.

Fazit: Die vorangegangenen Betrachtungen zeigen eindeutig, wie wichtig ein möglichst niedriger Auslegungsdifferenzdruck ist. Zusammengefasst bedeutet dies für die Auslegung:

  • Machen Sie sich klar, wie groß aufgrund der Leistung und Spreizung der min. erforderliche Differenzdruck über dem Thermostatventil sein muss.
  • Wählen Sie einen möglichst geringen Auslegungsdifferenzdruck!
  • Für eine gute Ventilautorität kommt eine Hocheffizienzpumpe und/oder ein Differenzdruckregler zum Einsatz.

Auslegungsdifferenzdrücke von z.B 100 mbar gehören der Vergangenheit an. Sie verschlechtern die (innere) Ventilautorität erheblich, erhöhen vollkommen unnötig die notwendige Förderhöhe der Umwälzpumpe und fördern auch noch durch kleinere Voreinstellwerte das Problem der Ventilverschmutzung (Grafik Voreinstellwert/ Querschnittsfläche), was auch noch zu unnötigen Reklamationen führen kann.

Eine  Auslegung mit 50 mbar ist ein guter (Praxis)Kompromiss: Reduzierung der Pumpenförderhöhe (Energieeinsparung durch geringere Leistungsaufnahme) und verbesserte Regeleigenschaften, gerade mit der Planung: 1K! 

Ideal für kleinere und kleinste Leistungen: 30 mbar (und 1K Auslegungsproportionalbereich) unter Beachtung des max. Anlagendifferenzdrucks (Sollwert Hocheffizienzpumpe mit dp-Konstant oder Differenzdruckregler 50 - 100 mbar): Beste Regeleigenschaften, geringste Gefahr einer Verschmutzung, min. Energieaufwand. Hierfür ist der Einsatz geeigneter Auslegungsprogramme unerlässlich.
Für den "Insider": So wurde übrigens schon vor 20 Jahren mit der besten Software aller Zeiten (MW-Software) geplant 

Ich habe Ihnen hier noch einige Planungsvarianten bzw Anlagenbeispiele zusammengestellt.