Systembetrachtung Zweirohranlagen

Teil 10: Die Rücklauftemperatur

Die (Mischwasser)Rücklauftemperatur bezeichnet man als die Temperatur des zum Wärmeerzeuger zurückfließenden Heizungswassers. Nur was kann man damit in der Praxis oder besser mit den realen Werten anfangen?

Ich möchte einmal bewusst etwas übertreiben: Eigentlich nicht viel (aus hydraulischer Sicht)
Warum? Bei der Planung einer Heizungsanlage wird u.a. das gewünschte Temperaturniveau, sprich die Vorlauf- und Rücklauftemperatur festgelegt. Aber diese Spreizung ist reine Theorie. In der Praxis findet man entweder Anlagen mit kleinen Spreizungen (hohe Rücklauftemperatur) oder sehr großen Spreizungen (niedrige Rücklauftemperatur).

Wichtig ist hier folgender Sachverhalt: Die Rücklauftemperatur (am Heizkessel, kein Überströmventil) ist die Temperatur, die sich aus den Rücklauftemperaturen und Massenströmen der einzelnen Verbraucher/Heizkörper ergibt, also die  Mischwassertemperatur. Die Überdimensionierung von Heizkörpern, überhöhte Heizkurven, der nicht vorhandene hydraulische Abgleich, schlechte Regelcharkteristik von alten Thermostatventilen und das Nutzerverhalten (Teilbeheizung von Wohnungen/Räumen, „offene“ Wohneinheiten mit unterschiedlichen Thermostateinstellungen) führen dazu, dass die sich in der Praxis ergebende Rücklauftemperatur nur bedingt richtig interpretieren lässt. Ein stationärer Betrieb wird sich so gut wie nie einstellen.

Niedrige Rücklauftemperatur

Aufgrund unterschiedlicher Überdimensionierungsfaktoren der Heizkörper und zu steiler/hoher Heizkurve (Werkseinstellung oder Anhebung wegen gewünschter Schnellaufheizung) ergeben sich in der Praxis oft deutlich niedrigere „reale“ Rücklauftemperaturen.

Ein Beispiel: Ein Heizkörper soll eine Wunschleistung von 1000 Watt bei Tv/Tr (Auslegung) 70/55/20 abgeben. Es wird ein Flachheizkörper mit den Baumaßen 700/600/22 gewählt. Es ergibt sich eine effektive Leistung von 1015 Watt und eine Rücklauftemperatur von Treal = 54,2 °C (Massenstrom= 54,4 kg/h).

Ist der Heizkörper um nur 10 % überdimensioniert (Wunschleistung 900 Watt), ergeben sich folgende Werte: Treal = 48,8 °C (Massenstrom= 36,6 kg/h).

Ist nun noch die Heizkurve um 5 K nach oben verschoben (Tv= 75 °C), lauten die Werte: Treal = 45,4 °C (Massenstrom= 26,1 kg/h).

Dies zeigt, dass in der Praxis statt der geplanten Spreizung von 15K nun 25K vorhanden sind. Mindestens genauso wichtig ist die Tatsache, dass sich dadurch eine Halbierung des Massenstromes ergibt, was sich sofort auf die Voreinstellung am Ventil, bzw. die Proportionalabweichung des Ventils auswirkt !

Fazit: Ist in einer Anlage die Rücklauftemperatur aufgrund der oben genannten Faktoren zu niedrig, so führt dies in der Praxis automatisch zu geringen Massenströmen. Die so gut wie immer vorhandenen und die in der Regel zu großen Thermostatventile (zu große Kv-Werte) arbeiten nahe am Schließpunkt, das Regelverhalten ist schlecht.

Der positive Effekt: Durch die geringe Rücklauftemperatur ist der Nutzungsgrad bei Brennwertgeräten höher (siehe Grafik). Aber nur maximal bei einem hydraulisch richtig abgeglichenem Netz und den für den realen Massenstrom geeigneten Thermostatventilen!

Fazit: Bitte das Netz hydraulisch abgleichen (Massenstrombegrenzung durch Thermostatventile mit Voreinstellung oder "dynamische" Ventile einbauen) und die Heizkurve in kleinen Schritten absenken.

Hohe Rücklauftemperatur

Viele Anlagen werden jedoch auch mit zu hohen Rücklauftemperaturen gefahren. Wie kommt es dazu, dass die Spreizung kleiner als der Auslegungszustand ist?

Wiederum das Beispiel mit dem bekannten Heizkörper: Ein Flachheizkörper mit den Baumaßen 700/600/22 bei Tv/Tr (Auslegung) 70/55/20 hat eine effektive Leistung von 1015 Watt und eine Rücklauftemperatur von Treal = 54,2 °C (Massenstrom= 54,4 kg/h). Werden z.B. 1100 Watt benötigt, so ist eine reale Rücklauftemperatur von 60°C erforderlich (Massenstrom= 92,6 kg/h).

Hier lässt sich aber nun leicht der Bogen von der Theorie zur Praxis, sprich zum Nutzerverhalten spannen, was auch zu den hohen Rücklauftemperaturen führt.

Hierzu Beispiele, die immer zu dem gleichen physikalischen Effekt führen:

  • Zwei Heizkörper in einem Raum mit unterschiedlichen Einstellungen der Solltemperatur: Heizkörper 1 übernimmt größtenteils oder ganz die „Heizarbeit“ von Heizkörper 2. Heizkörper 1 hat einen hohen Massenstrom und eine hohe Rücklauftemperatur, HK 2 einen kleinen Massenstrom und eine geringe Rücklauftemperatur. Ergebnis: Heizkörper 1 bestimmt die Anlagenverhältnisse!
  • Zwei Räume mit ungleichmäßiger Beheizung (teilweise bedingt durch „offenes Wohnen“): Raum 1 übernimmt teilweise die Heizlast von Raum 2. Raum 1 benötigt mehr Massenstrom (nur möglich durch den NICHT vorhandenen hydraulischen Abgleich !!!), es ergeben sich höhere Rücklauftemperaturen für Raum 1, Raum 1 bestimmt die Anlagenverhältnisse!

Dies zeigt ganz klar, dass auch die unsachgemäße Bedienung zu negativen Auswirkungen führt. Dies lässt sich nur durch den hydraulischen Abgleich vermeiden. Jeder Heizkörper darf nur die Wassermenge bekommen, die nach den Planungsvorgaben notwendig ist.

Fazit: Nur der hydraulische Abgleich ermöglicht die Einhaltung der gewünschten Anlagenparameter. Gerade in Verbindung mit Brennwertgeräten müssen die Rücklauftemperaturen über die gesamte Betriebszeit möglichst niedrig sein. Für die Praxis ist auch der Nutzer in seinem Verhalten zu schulen.